Sonntag, 27. Februar 2011
Glück ist...
...wenn ein Fremder dich in einem untröstlichen Moment einfach in die Arme nimmt und sagt, "es wird alles wieder gut".
Vor ein paar Jahren gingen mein allererster Freund und ich nach Venedig. Und nein, es ist nicht so wie ihr denkt, denn als wir beide einsam im Zug sassen und die Wasserstadt langsam im Nebel verschwand, sagte er mir, er könne nicht mehr mein Freund sein.
Mir verschlug es Herz und Sprache, während sich die Abteile mit italienischen Familien überfüllten. Wie der Zug, der irgendwann keinen Platz mehr hatte, um noch mehr Menschen aufzunehmen, fand auch ich keinen Platz mehr, um meinen Schmerz zu halten. Ich weinte fünfeinhalb Stunden am Stück. Laut. Tränenreich. Schamlos.
Mein Freund, der mich nicht mehr liebte, sass mir gegenüber und schwieg. In Brig stieg er aus.
Doch der leere Platz neben mir blieb nicht lange frei. Eine Frau setzte sich zu mir, nahm mich einfach in den Arm, wiegte mich, streichelte mir über den Rücken und wiederholte in einem: "Es wird alles gut. Alles wird gut." Ein Mann schob seine Nastücher über die kleine Fensterablage in meine Richtung als meine begannen, durchsichtig auszusehen. Und als der Zug in Spiez hielt, sorgte er dafür, dass sich niemand zu uns setzte, damit ich Ruhe hatte. In Bern trugen sie meinen Koffer aufs Perron. Die Frau sagte noch einmal, "es wird alles gut."
Und ich wusste in diesem bodenlos schlimmen Moment meines Lebens, dass ich ein glücklicher Mensch war. Ein glücklicher Mensch bin.
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