Freitag, 23. September 2011

In Gedanken



Letztes Jahr trat jemand in mein Leben, der sich von Anfang an so sehr nach Heimat anfühlte, als würden wir uns seit tausend Jahren kennen. Eine Vertrautheit, die mir den Atem raubte und und meine Gefühle Pirouetten tanzen liess. Dieser Mensch und ich, dachte ich, stehen am Beginn von etwas ganz Grossem... Liebe in meinem Fall und Freundschaft oder etwas in dieser Art für ihn, wie sich herausstellte. Nach Wochen des gemeinsamen Fliegens und sich Fallenlassens, war es ein harter Aufprall. Unerwartet, jäh, schmerzhaft.

Wie konnte das passieren? Wie kann der Pfad von Ich-habe-mich-noch-nie-im-Leben-so-gefühlt auf derart direktem Weg zu Ich-will-dich-als-Mensch-nicht-verlieren-lass-uns-Freunde-bleiben führen? Diesen Shortcut gibt es auf der Landkarte meines Herzens nicht. Es dauerte, bis ich mich gesammelt und zum Weitergehen bereit war.

Nun, gestern habe ich diesen Menschen zum Mittagessen getroffen. Nach Monaten des Schweigens, hatte er sich gemeldet und für die bitteren Worte entschuldigt, die schliesslich doch noch zwischen uns geflossen waren. Das war Manna für meine Erinnerungen und Saat für Hoffnung... für eine Art Versöhnung des Erlebten mit dem Jetzt. Schliesslich waren wir mal Weltmeister des Gesprächs gewesen, zusammen hatten wir aus ordinärem Alltag unvergessliche Erinnerungen gemacht. Konnte das nicht auch ohne involvierte Romantik möglich sein?!

Nun denn, mein Herz klopfte doch etwas, als ich mich in die Stadt aufmachte und Richtung Schachbrett lief, unser Treffpunkt. Wie sollte ich ihm von meinem Lieblingsmenschen erzählen? Wie all die Dinge benennen, die mein Leben in den vergangen Monaten geformt hatten? Würden meine Knie weich werden bei seinem Anblick?

Ich hätte mir nicht so viele Gedanken zu machen brauchen. Denn diese, unsere Mittagsverabredung dauerte gerade mal eine knappe halbe Stunde. Er, mit dem Kopf ganz bei der Arbeit, die ihn diese Woche in Bern absorbiert, die Augen in der Umgebung herumirrend. Ich, ziemlich konsterniert über ein bizarres Treffen mit einem Menschen, der entfernt jemandem glich, den ich mal sehr lieb hatte und der nun neben mir sass, ohne anwesend zu sein.

Auch einen Tag später, bin ich immer noch ziemlich ratlos. Was sollte das gewesen sein? Sollte das alles gewesen sein?! Eines ist jedoch klar. Die Magie des Austausches, das Hin- und Herspringen von Gedanken, Spiel und Fluss können nur zwischen zwei Menschen entstehen. Einer allein reicht nicht. Bezaubernde Konversationen sind nicht das Resultat einer einzelnen, strahlenden Persönlichkeit. Es braucht zwei Menschen, die wollen, können und in diesem Moment präsent sind. Voilà.



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3 Kommentare:

Captain Jackie Sparrow hat gesagt…

Es erstaunt mich immer wieder, wie meilenweit weg man sich von jemandem entfernen kann, dem man mal SO nah gewesen war... Ich verstehe deine Ratlosigkeit.
Ich finde die Energie, die zwischen zwei Menschen entstehen kann, immer wieder unglaublich faszinierend. Und plötzlich ist nichts mehr da... Wie kann das passieren?

Reto hat gesagt…

Das unerklärliche und verwirrende, unberechenbare, das blutende Herz; es sei Dir nicht nur Last, denn auch wenn es für die Entstehung gewaltiger Gefühle zwei gebraucht hat, über eines verfügst Du ganz und gar und auch alleine: über Deine Liebe. Auch der Mensch, der nicht zurück liebt, kann Dir diese nicht nehmen. Lieben ist viel wichtiger, als geliebt zu werden. Nicht schöner, aber wichtiger.

Unknown hat gesagt…

Merci für eure Worte, ihr beiden. Wahrscheinlich ist es ja genau diese stete Veränderung, das Risiko, das nicht Festhalten können von Momenten, Gefühlen und Verbindungen, die dieses Wunder zwischen zwei Menschen, sei es Freundschaft, Liebe oder nur einen Augenblick, des sich Erkennens, so unglaublich wertvoll und berührend machen. Beziehungen jeder Art sind nun mal nicht wie Velofahren, das man einmal lernt und für immer kann. Und ja, nur wer selber liebt und immer sein Gleichgewicht sucht, ist wahrscheinlich auch erst bereit, es zu zweit zu finden... oder alleine weiterzugehen.